Zweifelhafte Beweggründe: Direktversicherung nimmt „Glück“ der Kunden in eigene Hand
Wer schön sein will, muss leiden – und wer gesund sein will, muss tief in die Tasche greifen.
So (oder so ähnlich) denken immer mehr Menschen in Deutschland über das Gesundheitswesen. Und tatsächlich: Ganz ist dieser Eindruck nicht von der Hand zu weisen. Denn während die Versorgungsleistungen der gesetzlichen Krankenkassen und der privaten Versicherer über die Jahre hinweg immer weiter zusammengestrichen wurden, entwickeln sich die Beitragssätze in eine ganz andere Richtung: Nach oben!
Gerade im Bereich der Zahnmedizin ist das nicht anders. Doch auch wenn Prophylaxe, Zahnerhalt und (ganz besonders) Zahnersatz gefühlt immer teurer werden, sind es nicht die Zahnärzte, die ständig ihre Preise erhöhen. Geht auch gar nicht, denn wir sind an die Gebührenordnung für Zahnärzte gebunden und können nur so abrechen, wie es darin vorgeschrieben ist.
Dass Patienten gerade für aufwändigere Eingriffe wie Kronen, Prothesen und Implantate oft immer tiefer in die Tasche greifen müssen, liegt eher an den sinkenden Zuzahlungen und den ausufernden „Kostenvermeidungsstrategien“ einiger Versicherer.
Geld sparen für Versicherungen 2.0
Und damit wären wir beim Thema! Denn eine große deutsche Direktversicherung hat sich just etwas Neues ausgedacht, um die eigenen Kosten – also die zu bezahlenden Versicherungsleistungen – noch weiter zu senken: Man animiert nun einfach die eigenen Mitglieder (welche sich laut Werbung auch dann noch versichern können, wenn es eigentlich schon zu spät ist), Gegenangebote zum Heil- und Kostenplan – also dem Kostenvoranschlag – des eigenen Zahnarztes einzuholen. Mehr noch: Die Versicherung veröffentlicht allem Anschein nach sogar die echten, von Versicherten eingereichten Heil- und Kostenpläne gleich selbst „anonymisiert“ auf einem öffentlich zugänglichen Vergleichsportal. Gefragt werden die betroffenen Versicherten nicht, soweit wir gehört haben.
Würden Sie sich operieren lassen ohne vorher den Arzt getroffen zu haben?
Wie bereits in einem früheren Beitrag zu diesem Thema behandelt, halten wir das Einholen einer Zweitmeinung grundsätzlich nicht für falsch, ganz im Gegenteil: Ein Vergleichsangebot einzuholen ist das gute Recht eines jeden Patienten und macht oft sogar Sinn – allein schon deshalb, damit der Kollege dem Betroffenen mit seiner zweiten Expertise etwaige Zweifel und Unsicherheiten nehmen kann. Doch das macht nur Sinn, wenn dem „Gegenangebot“ in Form eines alternativen Heil- und Kostenplans auch eine fachmännische, persönliche und vor allem sorgfältige Anamnese vorausgeht.
Das einfache Ausstellen eines Gegenangebots zum online veröffentlichten Heil- und Kostenplan eines Versicherungsnehmers OHNE diesen auch nur ansatzweise kennengelernt – geschweige denn persönlich untersucht – zu haben, ist dagegen mehr als fragwürdig. Denn wer kauft sonst schon gerne die sprichwörtliche „Katze im Sack“ – wie es die Direktversicherung mit den vier roten Lettern ihren Versicherungsnehmern wohl gerne schmackhaft machen würde?
Niemand, stimmt! Doch genau das passiert, wenn über ein Online-Vergleichsportal per „Ferndiagnose“ ein Gegenangebot für einen vom (Haus-)Zahnarzt sorgfältig geplanten und individuell zusammengestellten Heil- und Kostenplan eingefordert wird.
Sparen Sie Ihrer Versicherung Geld. Sie wird es Ihnen danken… oder auch nicht!
Übrigens: Um es den eigenen Kunden noch schmackhafter zu machen, auf ein solches Internet-Gegenangebot einzugehen, lobt der fränkische Direktversicherer sogar eine Prämie von immerhin 50,- Euro aus. Eine – zumindest für das Versicherungsunternehmen – lohnende Investition in Peanuts-Höhe. Denn schlimmstenfalls geht die Rechnung am Ende auf Kosten des gutgläubigen Versicherungsnehmers. Schön ist das nicht…
Für alle, die sich noch tiefer mit dem Thema befassen wollen: Hier geht’s zu einem offenen Brief des Präsidenten der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) der an den Vorstand des Direktversicherers mit der „gelungenen“ Kosten-Einsparidee.